Heute liefere ich einen Erfahrungsbericht über unseren ersten Wohnwagenurlaub mit dem EV9. Wir waren für 2,5 Wochen von Linz in Österreich aus nach Italien gefahren. Die Ostküste bis Pescara runter und dann quer rüber an die Westküste südlich von Neapel und von dort zurück über Bolsena-See, Toskana (Siena) und Brenner.
Gleich vorweg: die Kombination EV9 und 1.500kg Wohnwagen ist perfekt, man spürt den Wohnwagen überhaupt nicht. Auf der Beschleunigungsspur einer Autobahnauffahrt muss man aufpassen, dass man an den Wohnwagen denkt, sonst ist man ganz rasch auf 130 und mehr und der Wohnwagen hebt ab. Wie bekannt funktioniert bei Anhängerbetrieb der Lenkassistent nicht, was sehr lange Autobahnfahrten etwas anstrengend macht.
Die Milenco Aero Platinum Spiegel sind super. Einfaches Handling, bombenfester Sitz und und gute Sicht. Man muss die Zusatzspiegel allerdings gleich anschließend an die Außenspiegel positionieren, damit die in Europa maximal erlaubte Fahrzeugbreite von 255cm nicht überschritten wird.
VERBRAUCH:
Autobahn Tempomat auf 82 kmh, Tempertauren zwischen 20 und 25 Grad. Vollständig ebene Fahrbahn ca. 35kWh, hügelige Autobahnen 40 bis 45kWh. Kurze Tests mit 90 kmh haben den Verbrauch deutlich steigen lassen. Auffällig ist im Vergleich zu ohne Hänger die sehr geringe Rekuperationsrückladung in die Batterie beim Abwärtsfahren. Das liegt vermutlich an der Auflaufbremse des Anhängers, die bei stärkerer Rekuperation den Wohnwagen bremst.
LADEINFRASTRUKTUR ITALIEN:
Für mich überraschend gibt es selbst in Süditalien eine enorme Dichte an Schnellladern auch abseits der Hauptverkehrswege sowie 22er oder 50er in fast jedem Ort. Jede angesteuerte Ladesäule hat funktioniert! Und das in einem Land wo man E-Autos noch sehr selten sieht. Da wurde mit EU-Geldern ordentlich investiert, steht auch auf vielen Ladesäulen drauf.
ABER:
Die Zufahrt mit einem Gespann auch nur in die Nähe von Ladesäulen ist eine enorme Herausforderung (nicht nur in Italien, auch in Mitteleuropa, besser ist es nur in Skandinavien insbesondere Norwegen). Dass der Wohnwagen bei jedem Ladevorgang abgekoppelt werden muss, war uns schon vorab klar. Der Wohnwagen muss während der Ladezeit aber auch geparkt werden, wofür in den seltensten Fällen Flächen zur Verfügung stehen. Auf den Autobahnraststätten trennen sich meistens die Spuren für PKWs und LKW/Busse/Wohnwagen schon während der Abfahrt und kommen erst auf der Beschleunigungsspur wieder zusammen und es gibt keine Verbindungswege. Die Ladesäulen sind natürlich nur im PKW-Bereich, welcher meist viel zu eng ist, um dort mit Wohnwagen zuzufahren und zu parken. Selbst illegales gegen die Einbahn fahren um Auto und Wohnwagen wieder zu vereinen, ist auf den meisten Raststationen baulich unterbunden. Die legale Alternative - Wohnwagen abstellen, mit dem PKW bis zur nächsten Autobahnabfahrt, zurück auf die andere Fahrbahn, bis zur vorausgehenden Autobahnabfahrt, wieder Spurwechsel und zurück zu Raststätte und Wohnwagen - habe ich nur einmal gemacht, weil ich dringend laden musste. Hat mich eine halbe Stunde und Strom für 50km gekostet. Wir sind dann häufig von der Autobahn abgefahren in eine nahe gelegene Stadt mit Schnellladern. Diese sind dort an viel befahrenen Straßen, bei Tankstellen oder auf Parkplätzen von Einkaufszentren. In allen Fällen selten Platz zum Abstellen des Wohnwagens, jedenfalls vorab nicht absehbar. Ich habe dann gezielt nach Ladestationen auf Tankstellen entlang von Überlandstraßen gesucht. Dort ist meist mehr Platz, weniger Andrang und Verständnis beim Tankwart für den abgestellten Wohnwagen. Zudem haben wir Tagesetappen, die eine volle Akkuladung überschreiten, nach Möglichkeit vermieden. Am Zielort mit dem Auto eine Ladesäule zu finden war wesentlich einfacher. Bei längeren Strecken haben wir schon nach 100 bis 150 km geladen, um bei Bedarf eine geplante aber nicht zufahrbare Ladestation auslassen zu können.
FAZIT:
Bei unserer Form von Wohnwagenurlaub - Reisen durch ein Land, jeweils nur ein bis drei Nächte auf einem Campingplatz, flexible Routenwahl während des Urlaubs - ist die Kombination E-Auto und Wohnwagen aufgrund der nicht dafür vorbereiteten baulichen Infrastruktur bei den Ladesäulen untauglich. Es kostet den ganzen Abend vor jeder Weiterfahrt, um mit Google Satellit und StreetView taugliche Ladesäulen ausfindig zu machen. Es kostet Geld, da man nicht mehr die günstigsten Ladesäulen wählt sondern die anfahrbaren, auch wenn ich dafür mehrere weitere Apps installieren musste und hohe Ladekosten hatte. Übrigens ging bei mir mit der EnBW App keine einzige Ladung in Italien, da dort nur die EnBW-Karte akzeptiert wurde, die ich bislang nicht hatte. Andere Apps funktionierten aber schon. Und am allermeisten kostet es Stress, da man trotz noch so guter Vorbereitung nicht wissen kann, welche Situation man dann tatsächlich an der Ladestation vorfindet (Baustellen, Absperrungen die in Google nicht erkennbar waren, veraltete Satellitenbilder oder StreeView-Aufnahmen). Und Stress ist das letzte was ich im Urlaub haben will. Da wir auf den EV9 im Urlaub nicht verzichten wollen, verzichten wir künftig auf den Wohnwagen und nehmen statt dessen feste Unterkünfte (z.B. Hütten auf Campingplätzen).
Eine Fahrt mit dem Wohnwagen zu einem fixen Urlaubsziel, dort zwei Wochen stehen und dann wieder nach Hause ist machbar, wenn man die Ladestopps vorab gut plant.